Fairer Handel Unternehmen
Erste gebana DV Bestellkarte, 2002

Vor zehn Jahren verschickte die gebana erstmals per Post Produkte an Endkunden. Ziel war es, mit den Mehreinnahmen die Partner im Ursprung zu unterstützen und die Firma finanziell zu stabilisieren. Stefan Lanz und Ursula Brunner erinnern sich an die Anfänge.

Stefan Lanz: Alles begann 2002, ich hatte die Aufgabe für gebana einen Direktversand aufzubauen. Bezahlt wurde ich auf Provisionsbasis. Als erstes schrieben wir rund 200 Personen – Freunde, Unterstützerinnen und Aktionäre –
an und schickten ihnen eine Bestellkarte für Mango, Ananas und Bananen.

Ursula Brunner: Ich war damals noch im Verwaltungsrat. Adrian (Adrian Wiedmer, Geschäftsführer) brachte plötzlich diese Karte mit. Wir hatten vorher nie darüber gesprochen im Verwaltungsrat. Ich dachte zunächst: «So eine Mistidee!» Das war drei oder vier Jahre nach der Gründung der gebana, es ging uns finanziell gar nicht gut. Wir hätten jemanden einstellen müssen, der die Pakete zum Verschicken machte, und das hätte Geld gekostet. Also dachte ich, ich könnte das übernehmen. So begann das.

Stefan: Ganz am Anfang machte ich die Pakete noch im Büro. Als dann Ursula kam, mieteten wir einen Raum in Niederhasli, in demselben Gebäude wo wir heute noch unser Lager haben.

Ursula: Der Raum war gleich unter dem Dach, im Winter war es unglaublich kalt da oben. Wir arbeiteten in Wintermänteln und mit Handschuhen!

Stefan: Ja! Die Mango und Ananas wurden durch die Kälte steinhart. Einmal schrieb uns ein Kunde, er hätte die Ananas mit Meissel und Hammer voneinander trennen müssen...

Ursula: Wir hatten nichts, nur improvisierte Tische.

Stefan: Im Raum nebenan waren Leute eingemietet, die alte Möbel einlagerten und diese dann nach
Afrika verschifften. Die hatten alte Tische, die wir nehmen durften.

*

Ursula: Einen bleibenden Eindruck hinterliess bei mir die erste Lieferung mit Insektenbefall. Weisst du noch, Stefan? Wir suchten Studenten, die die betroffenen Beutel aussortieren sollten.

Stefan: Das waren etwa 50 000 Beutel! Eine absurde Aktion. Man musste die Beutel etwas schütteln und durch die Folie schauen, ob kleine Insekteneier runterfielen. Wir hatten dafür 30 Studenten bei uns im Lager, die tagelang arbeiteten!

Ursula: Das war der Anfang von etwas, das mich bis heute beschäftigt. Da ist die Rede von fairem Handel und wie gut alles ist, aber das Problem der Qualität ist nicht gelöst. Einerseits sind wir hier wahnsinnig heikel und wollen immer nur das Schönste. Andererseits ist gerade in tropischen Ländern den Insekten kaum beizukommen.

Stefan: Es ist ein wahnsinniger Spagat zwischen der Arbeit mit Kleinbauern auf der einen Seite und dem Anspruch, die Qualität eines Industrieprodukts zu haben auf der anderen Seite. Wir haben inzwischen viel unternommen in Sachen Qualität, doch diese Probleme gibt es immer noch.

*

Stefan: Irgendwann haben wir Antonio eingestellt, um am Lager zu arbeiten.

Ursula: Er war einer der ersten Italiener, die Ende der 1960er Jahre in die Schweiz gekommen waren. Was er alles erzählte und wusste war sehr interessant.

Stefan: Er war wirklich ein netter Typ, aber geschäftlich war es schwierig. Wir hatten für den Job 50 Bewerbungen und er kam einfach ins Büro und sagte: «Stellt mich ein». Wir hatten keinerlei Erfahrung im Mitarbeiter Suchen und so nahmen wir ihn.

Ursula: Er war sich gewohnt, in einem grossen Lager zu arbeiten mit grossen Kisten. Unser kleines Lager, die kleinen Paketen, Rechnungen kontrollieren – das war nicht sein Ding.

Stefan: Er sagte, wir bräuchten einen Gabelstapler – dabei hatten wir doch kaum Ware! Aber er half uns, das Lager besser einzurichten, er baute zum Beispiel Regale.

*

Bis heute kursiert die Legende eines Briefes der Lagerbelegschaft mit dem Betreff «Bodentruppe an Büro». Was hatte es damit auf sich?

Stefan: Der Brief kam sicherlich von dir ...

Ursula: Ja, das war ein Brief von mir. Wegen dieser Schals, die Adrian machen liess kurz bevor Blocher zum ersten Mal in den Bundesrat gewählt wurde. Da stand «mehr Frauen, weniger Blocher» und solche Dinge drauf. Wir mussten die Schals – wir hatten riesige Kisten voll
davon – verpacken und verschicken und alles pressierte furchtbar. Es war vor Weihnachten und wir hatten sowieso schon viel Arbeit. Und mit der Zeit machte mich das wütend. Ich dachte: «So geht das nicht. Einfach sagen, so und jetzt macht das, ohne Vorankündigung und Planung, neben allem Anderen. Das ist Sabotage unserer Arbeit!»

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Stefan: In Erinnerung ist mir auch die Zusammenarbeit mit der Post in Niederhasli geblieben.

Ursula: Ja, mit der Welle von Poststellen-Schliessungen wurde auch jene in Niederhasli in Frage gestellt. Wir sprachen mit dem Postchef. Für ihn war es gut, dass wir regelmässig grössere Mengen Pakete verschickten.

Stefan: Er kam uns entgegen und machte dabei auch Sachen, die er nicht durfte. Manchmal schickte er zum Beispiel den Postbus vorbei oder holte die Pakete selbst bei uns ab – Dinge, die eigentlich direkt über das Paketzentrum hätten laufen sollen. Doch so konnte er Umsatz generieren und damit Argumente gegen die Schliessung seiner Poststelle.

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Ursula: Es ist wirklich interessant, wie sich der Direktverkauf über die Jahre vom «primitivsten Stadium» in den Anfängen zu dieser komplexen Geschichte, die er heute ist, entwickelt hat.

Stefan: Der Direktversand nahm einige Wendungen, die mich überraschten. Die erste waren die Partnerschaften mit der Kampagne Olivenöl oder Café RebelDía. Eine andere waren die Partizipanten und Investoren: dass man es schaffte, die Kundinnen und Kunden so einzubeziehen. Ich denke, das kommt durch diese Direktheit, dass wir Kontakt haben mit Kleinbauern und Verarbeitern.

Ursula: Schon damals merkten wir, dass es Leute gibt, die solidarisch sind mit uns, denen gebana wirklich etwas bedeutet. Und solche Leute gibt es heute noch.

Stefan: Ja. Das ist ja auch ein Wermuthstropfen für dich, dass der faire Handel heute oftmals nur noch ein Label ist, nicht wahr?

Ursula: Nicht ein Wermuthstropfen, aber es ist schade, dass sich viele Leute kaum für die Herkunft der Produkte interessieren. Die Leute wissen nichts von den Schwierigkeiten im Ursprung.

Stefan: Das ist das Schöne am Direktversand der gebana, hier gibt es Kunden, die sich involvieren lassen, die sich interessieren für das, was im Ursprung läuft.

Ursula Brunner, Mai 2012

Ursula Brunner, Gründerin der "Bananenfrauen"

Stefan Lanz, Mai 2012

Stefan Lanz startete den gebana Direktversand vor 10 Jahren

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