Schiffe unter die Lupe genommen

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Umwelt

Wie schädlich sind Containerschiffe für die Umwelt? Keine leichte Frage. Mit professioneller Hilfe aus Schaffhausen haben wir eine eindeutige Antwort gefunden: Sie richten weniger Schaden an als der Anbau der per Schiff transportierten Lebensmittel.

Containerschiffe im Hafen

Containerschiffe belasten die Umwelt. Im gesamten Lebenszyklus pro Kilogramm Lebensmittel ist der Schiffstransport hinsichtlich der Umweltbelastung aber kaum relevant.

Die grössten Frachter der Welt transportieren über 20'000 Container auf einmal. Es sind Schiffe, die knapp 400 Meter lang und 60 Meter breit sind. Ihre Motoren haben eine Leistung von bis zu 80'000 PS.

Natürlich sind nicht alle Containerschiffe solche Giganten. Die 6137 Frachter, die gemäss Alphaliner derzeit weltweit unterwegs sind, haben dennoch eines gemein: Aus ihren Auspuffen entweichen CO2 und andere Treibhausgase, Stick- und Schwefeloxide, Feinstaub und Russ.

Chemikalien aus dem Anstrich der Rümpfe gelangen ins Meer. Kühlmittel, Maschinenöle und Reinigungsmittel können austreten. In Ballasttanks und an der Bordwand reisen Lebewesen mit, die heimische Arten verdrängen und ganze Ökosysteme verändern.

Das alles klingt nach einer ziemlich schmutzigen Angelegenheit. Und das ist es auch.

Doch wie schmutzig sind die Schiffe wirklich? Was bedeutet das für die gebana Produkte? Welchen Einfluss hat das auf deren Ökobilanz? Komplizierte Fragen! Deshalb haben wir die Schweizer Beratungsfirma ESU-services um Unterstützung gebeten.

Das Team der Firma aus Schaffhausen arbeitete sich für uns durch zahlreiche Studien, Datenbanken und Fachliteratur. Am Ende entstand eine umfangreiche Analyse, die unsere Vermutungen bestätigte:

  1. Die Schifffahrt ist global betrachtet relevant, wenn es um Auswirkungen auf Klima, Umwelt und Gesundheit geht.
  2. Für die Ökobilanz eines Produktes spielt der Transport via Schiff kaum eine Rolle.

Containerschiffe machen nur ein Viertel der internationalen Schifffahrt aus

Schauen wir uns die Zahlen an, die ESU-services zusammengetragen hat: Im Jahr 2012 verursachte die internationale Schifffahrt 2 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen und anderer Treibhausgase wie Methan, Lachgas und Fluorkohlenwasserstoffe. Containerschiffe machen etwa ein Viertel der internationalen Schifffahrt aus und erzeugten somit ungefähr 0.5 Prozent der globalen Emissionen.

Organisationen wie etwa dem Naturschutzbund Deutschland ist diese Betrachtung zu einseitig. Die Zahlen zu den CO2-Emissionen würden nicht ausreichen, um die Ökobilanz der Containerschiffe zu bewerten, heisst es auf dessen Website. Die Stick- und Schwefeloxide sowie Feinstaub und Russ seien mindestens ebenso relevant und zudem gefährlicher als CO2.

Höhere Werte bei Emissionen von Stick- und Schwefeloxiden

Die Kritik des Naturschutzbundes ist berechtigt: 2015 stiess die internationale Schifffahrt 12.5 Prozent der globalen Stickoxidemissionen und 9 Prozent der Schwefeloxide aus. Dazu kamen 2.5 Prozent des weltweit in die Atmosphäre geblasenen Feinstaubs und 6 Prozent der Russpartikel. Die Containerschiffe allein waren wiederum für etwa ein Viertel dieser Emissionen verantwortlich.

Stick- und Schwefeloxide schädigen die menschlichen Atemwege und beeinträchtigen das Pflanzenwachstum und Ökosysteme im Wasser durch sauren Regen. Sie können auch zu übermässigem und dadurch schädlichem Pflanzenwachstum führen (Eutrophierung). Feinstaub und Russ verringern die Luftqualität und tragen zu Atemwegserkrankungen bei. Insbesondere in Küstennähe wäre es wichtig, dass die Schiffe weniger dieser Schadstoffe ausstossen.

Tiefere Grenzwerte seit Anfang 2020 in Kraft

Dies ist inzwischen auch auf politischer Ebene angekommen: Seit Anfang 2020 dürfen die Treibstoffe oder die Abgase von Schiffen nur noch maximal 0.5 Prozent Schwefel enthalten. Das ist immer noch zu viel, sagt der Naturschutzbund. Die Organisation verlangt Grenzwerte von 0.005 Prozent. Im Vergleich zu 2019 ist die neue Regelung dennoch eine wichtige Verbesserung. Damals galt ein Grenzwert von 3.5 Prozent.

Es gibt ausserdem sogenannte Emission Control Areas, zu denen etwa die Nord- und Ostsee sowie ein Grossteil der Nordamerikanischen Küste gehören. Hier liegt der Grenzwert seit 2015 bei 0.1 Prozent. Messungen in Hamburg zeigten, dass im ersten Jahr nach Einführung der neuen Grenzwerte rund 95 Prozent der Schiffe diese einhielten.

Vergleich mit anderen Transportmitteln wichtig

All diese Zahlen helfen uns jedoch nur bedingt, die Containerschiffe wirklich zu beurteilen. Wir müssen sie deshalb mit anderen Transportmitteln vergleichen. Versuchen wir also, etwas konkreter zu werden.

Wir nehmen ein Kilogramm eines Produktes aus Übersee und transportieren es einmal mit dem Schiff und einmal mit dem Flugzeug nach Europa. Dabei berücksichtigen wir jeweils den Transport vom Produktionsort zum Flughafen und Seehafen sowie den Transport vom Zielort zum Ladengeschäft in Europa.

  • Szenario 1: Schiff
    Die Gesamtdistanz beträgt in diesem Szenario 10'295 Kilometer. 9000 Kilometer legt das Schiff zurück, für 360 Kilometer befindet sich unser Produkt in einem Zug. Auf 935 Kilometern ist es in einem LKW auf der Strasse unterwegs.

  • Szenario 2: Flugzeug
    Die Gesamtdistanz in diesem Szenario ist mit 7495 Kilometern kürzer als beim Transport mit dem Schiff. Das liegt daran, dass das Flugzeug annähernd entlang der Luftlinie fliegen kann. Das Flugzeug legt in diesem Szenario 7000 Kilometer zurück. Die restlichen 495 Kilometer sind die Transporte zum und vom Flughafen per LKW.

Beide Szenarien bewerten wir nun auf zwei Arten:

  • Variante 1, die Umweltbelastungspunkte
    Hier stecken die aufgewendeten Ressourcen für den Transport sowie sämtliche Schadstoffemissionen drin. Das fängt beim Wasser- und Energiekonsum an, geht über Mineralien- und Landnutzung, Klimawandel, Abbau der Ozonschicht, Luftschadstoffe und Staub, Luftschadstoffe, die Krebs verursachen, Wasserschadstoffe und Lärm bis hin zu radioaktiven Substanzen.

  • Variante 2, der Beitrag zum Klimawandel
    Hier betrachten wir nur die Emissionen der Treibhausgase. Die Kalkulation berücksichtigt CO2, Methan, Lachgas und Fluorkohlenwasserstoffe.

Ergebnis Variante 1:

Der Transport mit dem Flugzeug verursacht 20-mal höhere Umweltbelastungen als der Transport mit dem Schiff:

  • Flugzeug
    Wir legen 93 Prozent der Distanz mit dem Flugzeug zurück. Das verursacht 98 Prozent der Umweltbelastungen in diesem Szenario.

  • Schiff
    Wir transportieren unser Produkt auf 87 Prozent des Weges per Schiff. Das verursacht 38 Prozent der Umweltbelastungen in diesem Szenario. 57 Prozent gehen aufs Konto des LKWs, 5 Prozent auf jenes der Bahn.

Ergebnis Variante 2:

Das Flugzeug leistet einen 55-mal grösseren Beitrag zum Klimawandel als das Schiff und verursacht 99 Prozent der Treibhausgasemissionen. Im Szenario 2 ist das Schiff für 36 Prozent der Emissionen verantwortlich. Das grösste Problem ist hier wieder der LKW mit 59 Prozent.

Fazit: Die Effizienz eines Transportmittels spielt eine wichtigere Rolle für die Umweltbelastung als die Entfernung.

Anbau belastet Umwelt weitaus stärker als Transport

Wirklich interessant wird es, wenn wir die Ökobilanz einzelner Lebensmittel statt die des Transportmittels betrachten. Betrachten wir Mandeln, Schokolade, Kaffee, Bananen und Reis.

Der Transport mit dem Containerschiff ist nur für 0.4 bis 6.8 Prozent der Umweltbelastungen verantwortlich, die ein Kilogramm dieser Produkte verursachen. Andere Transportmittel wie etwa LKWs verursachen 1.3 bis 10.3 Prozent der Belastungen.

Der Grossteil der Umweltbelastungen geht auf den Anbau zurück. Bei Bananen verursacht der Anbau pro Kilogramm Frucht rund 75 Prozent der Belastungen, bei Kaffee und Reis sind es über 90 Prozent.

Fazit: Ja, Schiffe sind eine Belastung für die Umwelt. Im gesamten Lebenszyklus pro Kilogramm Lebensmittel ist der Schiffstransport hinsichtlich der Umweltbelastung aber kaum relevant.

Schifffahrt wird langsam besser

Am eigentlichen Problem ändert diese Rechnung nichts: Schiffe sind schmutzig und sie müssen sauberer werden. Deshalb hat die UN-Sonderorganisation International Maritime Organization im Jahr 2018 neue Reduktionsziele für Containerschiffe verabschiedet. Die Ziele galten ursprünglich für 2025, sind jetzt aber ab 2022 bindend: Neugebaute Containerschiffe müssen ab dann je nach Grösse 30 bis 50 Prozent energieeffizienter sein als jene aus dem Jahr 2014.

Initiativen wie der Clean Shipping Index oder der Environmental Ship Index setzen auf finanzielle Anreize. Die Initiativen arbeiten mit Häfen zusammen, die Reedereien Preisnachlässe oder andere Vorteile bieten, wenn diese ihre Schiffe von den Organisationen auf ihre Umweltverträglichkeit bewerten und zertifizieren lassen. Je besser ein Schiff bewertet ist, desto günstigere Konditionen erhält es in den beteiligten Häfen.

Wir selbst konzentrieren uns vorerst auf die Dinge, die wir wirklich beeinflussen können: den Anfang der Lieferkette und ihr Ende. Denn aus unserer Sicht liegen hier die wichtigsten Faktoren, die die Ökobilanz unserer Produkte prägen.

Diese Faktoren beeinflussen wir, indem wir gemeinsam die Spielregeln ändern: Wir handeln anders, Sie kaufen anders ein. Wir produzieren immer nachhaltiger und gerechter, Sie bestellen Grosspackungen, teilen sie mit Freunden und Familie und vermeiden Food Waste.


Die vollständige Studie von ESU-services können Sie hier herunterladen.

Verwendete Quellen

"Umweltbelastungen von Schiffstransporten: Fact Sheet zur öffentlichen Diskussion", eine von ESU-service durchgeführte Studie, in Auftrag gegeben von gebana

"Reducing greenhouse gas emissions from ships", International Maritime Organization (http://www.imo.org/en/MediaCentre/HotTopics/Pages/Reducing-greenhouse-gas-emissions-from-ships.aspx, abgerufen am 30.07.2020)

Emission Control Areas, Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Emission_Control_Area, abgerufen am 30.07.2020)

Containerschiff, Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Containerschiff, abgerufen am 30.07.2020)

Foto: Andy Li, (https://unsplash.com/photos/CpsTAUPoScw)

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